Zertifizierte Qualität für höchste Ansprüche

Prüfingenieur Günter Borrmann (PfB GmbH & Co. Prüfzentrum für Bauelemente KG) im Interview zu Zertifizierungen und Normen.

Zertifizierungen geben Sicherheit und ermöglichen Rückschlüsse auf Qualitäten und Klassifizierungen. Auf diese Weise erleichtern sie auch die Arbeit von Architekt*Innen und Planer*Innen: Der Rückgriff auf und die Einhaltung von Normen entsteht ein kalkulierbarer Überblick vom Planungsbeginn des jeweiligen Bauprojekts an bis zur Interaktion bzw. ein bestmöglicher, reibungsloser Ablauf der einzelnen Gewerke innerhalb des Bauprozesses. Durch Innovationen und Weiterentwicklungen ändern sich jedoch stetig die Anforderungen und Kriterien im Bauwesen, und auch die Bauteile werden immer komplexer, weshalb der Erhalt ihrer Qualität sowie ihre Funktionstüchtigkeit zuverlässig geprüft und damit gewährleistet sein müssen. Was es bei Zertifizierungen von Bauelementen zu beachten gibt, haben wir gemeinsam mit dem Prüfinstitut PfB Rosenheim beleuchtet. Prüfingenieur Günter Borrmann hat uns dabei spannende Einblicke in die Grundlagen von Prüfverfahren sowie in damit einhergehende Entwicklungen geben, die zudem interessante Ansätze für zukünftige Planungen offenbaren.

 

Zertifizierungen auf dem Prüfstand

Herr Borrmann, Können Sie uns zum Einstieg den gängigen Ablauf einer Zertifizierung eines Bauelementes beschreiben?

Günter Borrmann (GB): Vorweg vielleicht eine kurze Erläuterung der Begrifflichkeit, da ‚Klassifizierung’ und ‚Zertifizierung’ fälschlicherweise häufig verwechselt oder zusammengefasst werden: Der Nachweis einer Leistungseigenschaft, wie beispielsweise die Einbruchhemmung eines Bauelements, erfolgt durch eine Prüfung und endet im Prüfbericht. Bei Erreichen einer bestimmten Klasse nach Anforderungsnorm wird dabei ein sogenannter Klassifizierungsbericht ausgestellt. In diesem Zusammenhang wird auch von der Nachweisführung oder dem Führen eines Nachweises (der Leistungseigenschaft) gesprochen.

Von einer Zertifizierung eines Bauelements wird hingegen gesprochen, wenn von Seiten eines Herstellers eine Produktzertifizierungsstelle, wie die PfBcert, beauftragt wird, das Produkt, dessen Produktionsprozess und die werkseigene Produktionskontrolle regelmäßig zu überwachen und somit eine gleichbleibende Qualität zu sichern. Dies kann je nach Eigenschaft auf freiwilliger Basis erfolgen, oder gesetzlich verpflichtend sein. Oberstes Ziel ist dabei, die Beständigkeit der Leistungseigenschaften sicher zu stellen. Das Ergebnis bescheinigt dann die Übereinstimmung des gefertigten Bauelements mit seinen geprüften Leistungseigenschaften.

 

„Oberstes Ziel ist dabei, die Beständigkeit der Leistungseigenschaften sicher zu stellen“

 

Dafür meldet sich in der Regel der Kunde mit dem Wunsch nach einer Prüfung einer oder mehrerer Leistungseigenschaften seines Bauelements bei der Prüfstelle des PfB. Für gewöhnlich sind die meisten Entwicklungsschritte zum Zeitpunkt der Prüfung abgeschlossen. Es können aber auch entwicklungsbegleitende Prüfungen durchgeführt werden. Auf Basis der Ergebnisse wird dann der Klassifizierungsbericht ausgestellt. Soll ein ganzes System bewertet werden, fließen Prüfergebnisse aller Bauelemente inklusive ihrer charakteristischen Merkmale, wie Abmessungen, ein. Im nächsten Schritt kann dann auf Grundlage der Nachweise der Leistungseigenschaft bei der Zertifizierungsstelle PfBcert die Zertifizierung beantragt werden. Anders verhält es sich bei dem Konformitätsverfahren (AVCP) im System 1. Hier meldet sich der Hersteller bei der Produktzertifizierungsstelle mit dem Wunsch auf Zertifizierung eines Bauproduktes oder einer Produktfamilie hinsichtlich einer oder mehrerer Leistungseigenschaften. Daraufhin legt die Zertifizierungsstelle das Prüfprogramm fest und benennt mögliche Prüfstellen für die Nachweiserbringung.

 

 

Essenziell: Kommunikation und Vertrauen

Mit Zertifizierungen und Prüfverfahren sind ein hohes Maß an Verantwortung und Vertrauen verbunden. Sobald Produkte und ihre Leistungseigenschaften eine Zertifizierung erlangt haben, gelten sie als umfassend geprüft und ihre Beständigkeit im Rahmen des fachgerechten Einsatzes als zuverlässig. Architekt*Innen und Planer*Innen müssen sich darauf berufen können, um Risiken und Gewährleistungsübernahmen entsprechend zu deklarieren und zu übernehmen. Darüber hinaus erhalten die Prüfer und Auditoren je nach der zur prüfenden Leistungseigenschaft einen tiefen Einblick in Elemente, Konstruktionen und betriebliche Abläufe. Gerade im Rahmen von Überwachungen werden ganze Prozesse offengelegt, die dem Betriebsgeheimnis unterliegen können. Daher ist auch nach Günter Borrmann für diese Art der Zusammenarbeit eine offene und ehrliche Kommunikation genauso unerlässlich, wie Verschwiegenheit und gegenseitiges Vertrauen. Gerade im Bereich Brandschutz geht es im Ernstfall um Leben und Tod. Hier nehmen neben dem Vertrauen, die Zuverlässigkeit und Sicherheit die oberste Priorität ein. Das weiß auch Teckentrup und hat dies als Unternehmen entsprechend für alle seine Produkte verinnerlicht. So verfügen Brandschutztüren von Teckentrup neben umfangreichen Zulassungen nach DIN 4102 bzw. Prüfungen nach EN 1634-1 auch über Zertifizierungen nach EN 16034 für den europäischen Markt. Dies garantiert die vom Gesetzgeber geforderten Bestandszeiten und erleichtert den Einsatz im gesamten europäischen Raum. Wir haben den Prüfingenieur gefragt, welche außerordentliche Aspekte im Bereich Brandschutz zu beachten sind und welcher Trend sich in diesem Kontext abzeichnet.

 

Die Besonderheit der Aktualität

Gibt es im Rahmen der Prüfung hinsichtlich des Brand-, Feuer- und Rauchschutzes außerordentliche Aspekte zu beachten?

GB: Für die Prüfung von Feuer- und Rauchschutzabschlüssen ist eine detaillierte Probekörperplanung einer der wichtigsten Aspekte. Die Grundlagen für die Planung und der Erstellung der notwendigen Klassifizierungsberichte sind die Regelungen zum direkten und insbesondere zum erweiterten Anwendungsbereich gemäß den aktuellen sog. ExAp-Normen (extended field of application). Alle notwendigen Nachweise schaffen dabei die Grundlagen für die CE-Kennzeichnung. Die Besonderheit hierbei: Normen zum erweiterten Anwendungsbereich werden ständig aktualisiert. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Brandschutz nicht isoliert betrachtet werden darf. Bei der Planung müssen immer Feuerwiderstand, Rauchschutz und Selbstschließung – also die Dauerfunktion – zusammen betrachtet werden.
 

„All dies erfordert ein hohes Maß an Kompetenz, Erfahrung und einen engen Bezug zu den aktuellen Normungsaktivitäten“
 

Ein weiterer außerordentlicher Aspekt ist, dass unterschiedliche Kennzeichnungspflichten für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse bestehen. So müssen z. B.  Feuer- und Rauchschutzabschlüsse für die Außenanwendung mit dem CE-Zeichen in Verkehr gebracht werden, während Feuer- und Rauchschutzabschlüsse für die Innenanwendung in Deutschland nur mit Ü-Zeichen und entsprechendem bauaufsichtlichem Verwendbarkeitsnachweis eingesetzt werden dürfen.

 

Der Trend: Komplexität

Welche Entwicklungen erwarten Sie in diesem Zusammenhang?

GB: Generell steigt die Nachfrage nach Prüfungen und Zertifizierungen zu sicherheitsrelevanten Eigenschaften deutlich an. Zu benennen sind hier z.B. Einbruchhemmung, Rauch- und Feuerschutz, Nutzungssicherheit kraftbetätigter Bauelemente und Absturzsicherung. Auf Grund des technischen Fortschrittes und der Erfahrungen im Umgang mit den Normen, werden diese stetig aktualisiert. Problematisch wird es, wenn neue und aktualisierte Normen nach Bauproduktenverordnung oder Maschinenrichtlinie nicht harmonisiert werden. Dadurch ist eine frühere Version der Norm verpflichtend, die aber nicht unbedingt dem Stand der Technik entspricht. Dies führt unweigerlich zu Schwierigkeiten bei der Erstellung von Prüfberichten und Zertifikaten, vor allem aber bei der CE- Kennzeichnung durch den Hersteller.

„Im Hinblick auf Barrierefreiheit und zunehmende Gebäudeautomation sollte grundsätzlich die elektrische Infrastruktur bei Bauelementen hinterfragt werden.“

Auch die zunehmende Komplexität der Bauelemente beeinflusst die Prüfverfahren: Der zeitliche Aufwand von der Prüfung bis zur Berichtserstellung wird größer, was wiederum die Kosten steigen lässt. Bei der Zertifizierung müssen die vorhandenen Nachweise hinsichtlich ihrer Plausibilität überprüft werden. Mit steigender Anzahl und steigender Komplexität der Nachweise steigt auch hier der notwendige Umfang innerhalb der Zertifizierung und damit erneut der zeitliche und finanzielle Aufwand. Auch der optische Anspruch an das Design des Bauelements nimmt zu, was den Aufbau und die Kombination von Leistungseigenschaften innerhalb des Elements beeinflusst. Erschwerend kommt hinzu, dass sich einige Leistungseigenschaften in der Konstruktion der Bauelemente gegenseitig negativ beeinflussen, z.B. Barrierefreiheit und Luftdurchlässigkeit. Durch die steigende Komplexität der Anforderungen an die Bauelemente wächst darüber hinaus auch die Bedeutung der Prüf- und Zertifizierungsstellen als Vermittlungsstelle zwischen den Herstellern und den zulassenden Behörden bzw. deren Richtlinien.

 

Smart Home von Morgen

Auch für Teckentrup ist es einer der Leitgedanken Ästhetik und Sicherheit bestmöglich zu kombinieren und hier den höchsten Ansprüchen gerecht zu werden. Das Designprofil-FB stellt dabei eine unkomplizierte Lösung für eine flächenbündige Optik dar. Darüber hinaus versucht sich das Unternehmen stetig weiterzuentwickeln. So lassen sich bereits jetzt eine Vielzahl der Türen den ganz individuellen Anforderungen eines Bauprojektes anpassen und mit umfangreichem Sicherheitszubehör ausstatten. Auch elektronische Systeme kommen dabei immer häufiger zum Tragen. Die Digitalisierung inklusive ihrem Einfluss auf das tägliche Leben ist zwar nicht neu, doch der anhaltende Fortschritt und der zunehmende Automatisierungsgrad lassen bereits heute vielfältige Möglichkeiten erahnen, die es in diesem Zusammenhang weiterzuentwickeln gilt. Auch Günter Borrmann sieht hier Potenzial aber gleichzeitig auch eine Notwendigkeit neue Wege zu gehen.

GB: In öffentlichen Gebäuden eingesetzte Brandmelde- und Entrauchungsanlagen nehmen seit jeher Einfluss auf entsprechende Türen, Lüftungsklappen usw., um eine Ausbreitung zu verhindern und für eine Entrauchung zu sorgen – sie sind damit Teil eines in sich geschlossenen Brandschutzkonzeptes. Doch Smart Home Lösungen könnten hier zukünftig als Schnittstelle unterstützend in Lüftungsanlagen und Fensterstellungen eingreifen. Bei Privateigentum/ nicht öffentlichen Gebäuden mit hohem Automatisierungsgrad könnten die Smart Home Lösungen eine Alternative zur Brandmeldeanlage darstellen und nicht nur Einfluss auf Fenster und Türstellungen nehmen sowie die Rettungskräfte alarmieren, sondern auch die Energiezufuhr und -verteilung steuern.

Und auch im Prüfgeschäft selber wird die Videoübertragung noch mehr an Bedeutung gewinnen. Den Kunden digital an einer Prüfung teilhaben zu lassen, ist mittlerweile fester Bestandteil unseres Prüfgeschäftes. Gerade für Zertifizierungen, und hier im Besonderen bei der Überwachung zertifizierter Produkte und deren Fertigung, wird sich zukünftig wohl immer mehr ein „Duales System“ aus Präsenz-  und Videoüberwachung etablieren.

Ein herzlicher Dank geht an Prüfingenieur Günter Borrmann, der uns im Namen des PfB GmbH & Co. Prüfzentrum für Bauelemente KG in Stephanskirchen unsere Fragen zum Thema beantwortet und spannende Einblicke in die Abläufe eines Prüfzentrums gegeben hat.

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